Stuhltransplantation – was ist denn das?

Was zunächst ekelerregend und unglaublich erscheint, wirft als neue medizinische Methode für die Wissenschaft viele wichtige Fragen und Forschungsprojekte auf und ist mit viel Interesse in der Laienpresse aufgenommen worden: Die Stuhltransplantation oder auch fäkaler Mikrobiomtransfer.

Prinzip

Eine nach protokollbasierten standardisierten Verfahren gewonnene Suspension von Stuhl eines gesunden „Spenders“ wird einem Darm-kranken Menschen über eine Sonde oder ein Endoskop in den Dickdarm verabreicht.

Hintergrund


Hintergrund: Die Darmflora ist ein Teil unserer menschlichen Evolution. In unserem Dickdarm leben unzähliche Bakterien und tragen schützend zu unserer Gesundheit bei. Sie stehen in Symbiose mit dem menschlichen Organismus und dabei selbst in einem biologischen Gleichgewicht. Die Vielzahl der Bakterienarten, das Mikrobiom, ist wissenschaftlich noch nicht komplett erfasst. Das Zusammenspiel und die Verteilung der Bakterien im Darm sind noch nicht entschlüsselt.

Sicher ist, dass durch Antibiotika das Gleichgewicht der Darmflora nachhaltig gestört werden kann und damit in der Folge für den Menschen schwere Darmerkrankungen verursacht werden. Diese Situation besteht bei gilt vor allem für eine durch Clostridien hervorgerufene Darmentzündung, eine Infektion, die nach der Einnahme von Antibiotika auftritt und lebensgefährliche Verläufe nehmen kann. Ihre Häufigkeit hat mit dem breiten Einsatz von Antibiotika in den vergangenen Jahrzehnten in Deutschland aber auch weltweit erschreckend zugenommen und ist selbst durch neu entwickelte modernste Antibiotika teilweise kaum zu beherrschen.

In diesen zunächst aussichtslos erscheinenden Fällen wandte man mit der Stuhltransplantation ein altes Verfahren an, das seinen Ursprung in China bereits vor über 100 Jahren hatte und in Europa erstmals in den 50ßiger Jahren als Therapieverfahren beschrieben wurde.
Der Effekt der Stuhltransplantation bei der Darmentzündung durch Clostridien war für die Medizin Aufsehen erregend: fast 90% der Erkrankten wurden innerhalb kurzer Zeit geheilt. Nebenwirkungen und Komplikationen traten praktisch nicht auf. Diese Ergebnisse waren ein Impuls für zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen und die Gründung neuer Fachgesellschaften weltweit.

Relevante Risiken

Trotz aller Euphorie: Für andere Krankheitsbilder – wie Morbus Crohn, Colitis ulcerosa und Reizdarm-Erkrankung – gibt es theoretische Ansätze aber bisher keine vergleichbaren Ergebnisse. Im Gegenteil: aus tierexperimentellen Untersuchungen vermutet man sogar relevante Risiken. So sieht man einen möglichen Zusammenhang der Veränderung der Darmflora mit dem Auftreten ganz anderer Erkrankungen wie Fettleibigkeit, Diabetes und Autoimmunerkrankungen. Die Langzeitnebenwirkungen der Stuhltransplantation beim Menschen sind also noch nicht geklärt und Gegenstand wissenschaftlicher Langzeitbeobachtungen.
Das Verfahren der Stuhltransplantation gilt also weiter als „individueller Heilversuch“ und sollte bisher nur bei der vorbehandelten Clostridien-Infektion oder unter wissenschaftlicher Beobachtung in Studien erfolgen. Die juristischen Rahmenbedingungen sind ebenfalls nicht abschliessend geklärt.